Kampfsport heisst mehr als nur Faustkämpfe und hohe Tritte: Er repräsentiert neben der körperlichen Ausübung eine...
Kampfsport-Vorurteile aufgehoben: Sparring mit den Klischees
Von den alten Tempeln Asiens bis zu den modernen Kampfkunstschulen, die tiefgreifenden Wurzeln des Kampfsports haben einen unangefochtenen Stellenwert. Auch in der Schweizer Sportlandschaft haben eine Vielzahl an Kampfsportarten ihren festen Platz. Laut einer Studie des Schweizer Sportobservatorium und des Bundesamtes für Sport (BASPO) aus dem Jahr 2020 übt rund eine von 40 sportlich aktiven Personen eine Tätigkeit im Bereich des Kampfsports aus. Dieser Wert ist im Vergleich zur letzten Studie aus dem Jahr 2014 unverändert geblieben. Trotz der Popularität und den zahlreichen positiven Facetten (hier in unserem Blog nachzulesen), ist Kampfsport nicht immun gegen Missverständnisse und Klischees. Diese möchten wir nun entkräften. Dabei werden auf fünf häufig vorkommende Vorurteile eingegangen, um der Stigmatisierung die Stirn zu bieten.
Vorurteil 1: Gewalttätigkeit
Der vielleicht am meisten verbreitete Mythos über den Kampfsport ist der der inhärenten Gewalttätigkeit. Viele assoziieren den Kampfsport mit Gewalt, oder glauben, dass Kampfsporttreibende aggressive oder gewalttätige Grundzüge haben müssen. In Wirklichkeit ist das genaue Gegenteil der Fall. Die meisten Kampfsportarten lehren Selbstkontrolle, Respekt vor dem Gegner und den Wert der friedlichen Konfliktlösung. Kampfkunstschulen weltweit betonen Werte wie Akzeptanz, Achtung und Disziplin. Tatsächlich wird oft gelehrt, dass die wahre Kunst darin besteht, einen Kampf zu vermeiden, nicht ihn zu gewinnen. Ausserdem ist es auf therapeutischer Ebene erwiesen, dass regelmässige kampfsportlerische Aktivitäten eine positive Auswirkungen auf Aggressionsprobleme und andere belastende psychische Zustände haben können.
Vorurteil 2: Verletzungsgefahr
Kampfsport ist intensiv, aber ist er gefährlicher als andere Sportarten? Mit richtiger Anleitung, korrekter Technik und Sicherheitsausrüstung ist das Verletzungsrisiko bei Kampfsportarten nicht höher als bei anderen Sportarten. Zudem: Jede körperliche Aktivität birgt Risiken, das liegt in der Natur der Sache. Auch bei Kampfsportarten ist das Risiko sicherlich präsent. In den Schulen stehen Sicherheit und Schutz der Schüler aber generell im Vordergrund.
In der Schweiz müssen Dojo-Leiterinnen und Leiter eine umfängliche Ausbildung mit diversen Prüfungen absolvieren, bis sie schliesslich ihr Wissen weitergeben dürfen. Wer selber bereits eine Kampfsportart ausgeübt hat, weiss, dass die Verletzungsgefahr nicht grösser als beim Fussball oder Skifahren ist.
Vorurteil 3: Es ist nur körperlich
Ein weiteres weit verbreitetes Missverständnis ist, dass Kampfsportarten nur körperliche Fähigkeiten betonen. Während die physische Komponente zweifelsfrei eine Rolle spielt, ist der mentale Aspekt genauso, wenn nicht sogar wichtiger.
Hinter jedem Tritt, jedem Schlag und jeder Bewegung im Kampfsport steht eine tiefe Philosophie. Kampfkünstler trainieren ihren Geist ebenso wie ihren Körper, wobei Schwerpunkt auf Disziplin, Fokus und Selbstwahrnehmung gelegt wird. Viele Schulen lehren Meditation, Atemtechniken und sogar ethische Grundsätze parallel zum physischen Training.
Kampfkünstler wissen, dass die mentale Stärke oft über den physischen Triumph entscheidet. Die philosophischen Prinzipien, die im Dojo gelehrt werden, können auch im täglichen Leben angewendet werden, von Konfliktlösung bis hin zu Stressbewältigung.
Vorurteil 4: Nur für Männer
Ein weiteres Bild in der Öffentlichkeit ist, dass Kampfsportarten eine Männerdomäne sind. Dieser Mythos hat lange Zeit Bestand gehabt, auch wenn Frauen in der Kampfkunstgeschichte immer eine Rolle gespielt haben. In der heutigen Zeit sehen wir mehr Frauen denn je, die sich in den Kampfkünsten auszeichnen. In der Schweiz sind Elena Quirici und Fabienne Kocher zwei davon: Die Karateka Elena Quirici wurde dreimal Europameisterin und gewann 2025 die Goldmedaille bei den World Games. Fabienne Kocher schaffte es an der Judo-Weltmeisterschaft 2021 als Bronzemedaille-Gewinnerin aufs Podest. Über mangelnde Repräsentation kann sich also nicht beschwert werden: Von MMA-Kämpferinnen über erfolgreiche Judoka bis zu traditionellen Karate-Meisterinnen, Frauen brechen überall die Geschlechterbarrieren und beweisen, dass der Kampfsport für alle offen ist. In der Schweiz liegt der Frauenanteil bei rund einem Drittel.
Vorurteil 5: Altersbeschränkung
«Bin ich zu alt, um mit dem Kampfsport anzufangen?» Diese Frage wird oft gestellt und die Antwort ist fast immer «Nein». Es gibt keine Altersgrenze, um mit dem Kampfsport zu beginnen oder ihn fortzusetzen. Die Zugänglichkeit des Kampfsports ist riesig.
Während einige Techniken und Bewegungen für ältere Erwachsene herausfordernd sein können, gibt es viele Aspekte des Kampfsports, die in jedem Alter genossen und erlernt werden können. Junge Schüler bringen eher die Dynamik und Schnelligkeit in ihre Techniken ein, ältere Praktizierende hingen bringen Weisheit, Geduld und Erfahrung mit. Viele Schulen bieten Klassen für Ältere an und betonen Techniken, die sich auf Flexibilität, Balance und Selbstverteidigung konzentrieren. Laut der genannten Studie aus dem Jahr 2020 liegt der Altersdurchschnitt in der Schweiz bei 32 Jahren.
Die Welt des Kampfsports ist komplex, facettenreich und reich an Kultur. Die weit verbreiteten Klischees und Missverständnisse, die sie begleiten, können die wahre Essenz dieser Kunstformen leicht überdecken. Wenn wir aber bereit sind, diese Vorurteile zu hinterfragen und unseren Horizont zu erweitern, ja uns sogar selber einen Eindruck zu verschaffen, können wir die Schönheit der Kampfsportarten und -künste erkennen. Vorurteile können bekämpft, und die wahren Werte und Möglichkeiten, die der Kampfsport bietet, in den Vordergrund gestellt werden.
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